Betreff
Beschluss einer Satzung über die Veränderungssperre für das Gebiet des Bebauungsplanes Nr. K 3 "Windpark Schneeberg"
Vorlage
BV/032/2021/SVV
Art
Beschlussvorlage

Begründung:

Die Stadtverordnetenversammlung hat in Ihrer Sitzung am 13.04.2021 folgendes mehrheitlich beschlossen:

 

Die gültige Veränderungssperre gem. § 17 Abs. 3 BauGB ist unter Einhaltung kommunalrechtlicher Vorgaben des Satzungsrechtes außer Kraft zu setzen.  Die Beschlüsse einer neuen Satzung sind kurzfristig in einer SVV vor Ende der jetzigen Veränderungssperre den Abgeordneten vorzulegen.

 

Zur Begründung wird auf den Antrag von 10 Abgeordneten vom 08.04.2021 verwiesen.

 

·         Die Bebauungsplanung ist noch nicht abgeschlossen und soll deshalb fortgeführt und mit der neuen Veränderungssperre gesichert werden.

·         Ein Neuerlass der Veränderungssperre ist unumgänglich, da artenschutzrechtliche Tatsachen aus dem Jahr 2020 dies erfordern.

·         Die neue Veränderungssperre dient der Aufrechterhaltung der Planungshoheit der Stadtverordneten. Bei Ablauf der Veränderungssperre nach § 17 (2) BauGB im Mai 2021 ergeht laut Investor (Schreiben EWE/ Loscon GmbH vom 20.11.2020 an die Stadtverwaltung Beeskow), unabhängig vom Planungsstand, ein Genehmigungsantrag an das Landesamt für Umwelt, das eine Entscheidung herbeiführen soll.

·         Durch die neu zu erlassene Veränderungssperre wird die zum Aufstellungsbeschluss durch den Investor zugesagte maximale Anlagenhöhe von 200m weiter gesichert. Ebenso werden weitere Feinabstimmungsmöglichkeiten der Stadtverordneten zum Standort, zur Anzahl zum Rückbau u.a. gewahrt. Diese wurden bisher, entgegen gefasster Beschlüsse, unzureichend eingearbeitet.

·         Weiterhin wird es ermöglicht, ein eigenes Gutachten der Stadt, gemäß dem SVV-Beschluss vom 25.02.2020 (TOP 10) in Auftrag zu geben, um umstrittene tierökologische Sachverhalte weitergehend abzuklären und die Beschlussfassung zum B-Plan zu fördern.

·         Die Rechtsgültigkeit des Teilregionalplanes Wind, als Grundlage der kommunalen Planungen, wird durch eine Klage beim OVG Berlin-Brandenburg angefochten. Den Stadtverordneten ist nicht zuzumuten und abzuverlangen, einem Urteil von Richtern vorzugreifen, in dem sie einen Bebauungsplan vor dem Urteil beschließen, dessen rechtliche Grundlage ungewiss ist.

·         Eine Einschränkung für die Eigentümer besteht nicht, da die landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Nutzung weiterhin ohne Einschränkungen gegeben ist, somit findet § 18 Baugesetzbuch keine Anwendung. Weiterhin sind weitere Verfügungen, die Flächen betreffend, durch ein aktuell nicht abgeschlossenes Flurneuordnungsverfahren ohnehin problematisch.   

 

Mit dieser Vorlage wird ein entsprechender Beschlussvorschlag mit Satzungstext vorgelegt.

 

Gem. § 54 Abs. 1 Ziffer 1 KVerf hat der Bürgermeister die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung vorzubereiten. Dazu gehört auch, der Stadtverordnetenversammlung die rechtlichen Konsequenzen und die rechtliche Zulässigkeit der Beschlüsse darzustellen. (vgl. Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, Schumacher u.a., Kommunal- und Schul-Verlag Wiesbaden, § 54 Ziffer 3.2.1.).

 

Insoweit sehe ich mich auch mit Blick auf § 55 KVerf in der Pflicht, die Stadtverordnetenversammlung auf folgendes hinzuweisen.

 

Gemäß  § 17 Abs. 1 BauGB tritt eine Veränderungssperre nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Die Gemeinde hat die Möglichkeit, die Frist um ein Jahr zu verlängern. Nach § 17 Abs. 2 BauGB kann die Gemeinde die Frist bis zu einem weiteren Jahr nochmals verlängern, wenn besondere Umstände es erfordern.

 

Die Stadt Beeskow hat auf der Grundlage von Beschlüssen der Stadtverordnetenversammlung von diesen Möglichkeiten bereits Gebrauch gemacht

 

·         Veränderungssperre Beschluss in SVV am 02.05.2017 bekanntgemacht am 23.05.2017 im Amtsblatt

·         Verlängerung der Veränderungssperre um 1 Jahr -Beschluss in SVV am 26.02.2019 bekanntgemacht am 12.03.2019

·         nochmalige Verlängerung der Veränderungssperre um ein weiteres Jahr -Beschluss in SVV am 25.02.2020 bekanntgemacht am 10.03.2020

Das heißt, dass die aktuelle und letzte Veränderungssperre am 22.05.2021 endet.

 

Bereits für die zweite Verlängerung mussten schon besondere Umstände vorliegen. Nach § 17 Abs. 3 BauGB kann die Gemeinde eine außerkraftgetretene Veränderungssperre ganz oder teilweise erneut beschließen, wenn die Voraussetzungen für ihren Erlass fortbestehen. Hierbei wird eine sachliche Kontinuität zwischen der ausgelaufenen und der erneuten Sperre gefordert. Die ursprüngliche Planungssituation, auf die sich die vorangegangene Sperre bezog, muss also mit ihrem Sicherungserfordernis fortbestehen.

 

Zugleich findet § 17 Abs. 2 BauGB ( besondere Umstände ) auf den erneuten Erlass der Veränderungssperre Anwendung, wenn die ursprüngliche und die neue Veränderungssperre, einschließlich des Zeitraums vorangegangener Zurückstellungen von Baugesuchen, einen Zeitraum von mehr als drei Jahren überschreiten.

 

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerG, Urteil vom 10.09.1976, 4 C 39.74; Beschluss vom 30.10.1992, 4 NB 44.92)vertritt hierzu die Auffassung, dass je weiter sich der Zeitraum nach hinten verschiebt, die Anforderungen umso höher sein müssen, d.h. Anforderungen, die für die zweite Verlängerung der ersten Veränderungssperre gestellt wurden, können u.U. bei einem erneuten Erlass einer Veränderungssperre, die über die 4-Jahresfrist hinausgeht, nicht mehr ausreichen. Besondere Umstände erfordern den Erlass einer erneuten oder die Verlängerung einer bestehenden Veränderungssperre, wenn das Bebauungsplanverfahren außergewöhnliche, über das Maß der üblichen Bebauungsplanverfahren gehende Schwierigkeiten oder Anforderungen aufweist. Insgesamt muss es sich also um eine Planung handeln, die sich materiell- und/oder verfahrensrechtlich von dem allgemeinen Rahmen der üblichen städtebaulichen Planungstätigkeit wesentlich abhebt. Nach dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 10.09.1976, 4 C 39.74) kann es sich bei der Ungewöhnlichkeit um Besonderheiten des Umfangs, des Schwierigkeitsgrades oder des Verfahrensablaufs handeln. Hinzukommt, dass diese Ungewöhnlichkeiten ursächlich dafür sind, dass die Aufstellung des Plans mehr als die übliche Zeit erfordert und zusätzlich muss nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 10.09.1976, 4 C 39.74) noch hinzukommen, dass die jeweilige Gemeinde die verzögerungsverursachende Ungewöhnlichkeit nicht zu vertreten hat. Die Gemeinde muss insoweit jedes ihr vorwerfbares Fehlverhalten vertreten.

 

Der Stadtverordnetenversammlung lagen für die Sitzung am 26.01.2021 mit den Beschlussvorlagen 222/2020/I, 226/2020/I, 229/2020/I und 230/2020/I auslagefähige Satzungsentwürfe vor. Die Stadtverordnetenversammlung hat beschlossen, diese zur Überarbeitung an die Verwaltung zurückzuverweisen. Am 13.04.2021 hat die Stadtverordnetenversammlung eine erneute Zurückverweisung beschlossen. Die dafür vorgetragenen Gründe hätten im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit behandelt und abgewogen werden können, ohne dass es dieser zeitlichen Verzögerung bedurft hätte. Ein Abschluss des Verfahrens vor dem 22.05.2021 wäre möglich gewesen, wenn die Stadtverordnetenversammlung am 26.01.2021 die Auslagebeschlüsse wie vorgeschlagen gefasst hätte.

 

Ungewöhnlichkeiten, die eine Verzögerung des Planverfahrens und  damit eine über den 4-Jahres-Zeitraum hinausgehende faktische Verlängerung der Veränderungssperre durch Erlass einer neuen Veränderungssperre rechtfertigen, wurden nicht vorgetragen. Solche Ungewöhnlichkeiten können darin bestehen, dass z.B. Grundstückseigentümer im Plangebiet, anders als mit der Gemeinde vereinbart, entsprechende Untersuchungen nicht rechtzeitig beibringen oder das umfangreiche bzw.  kostenintensive Untersuchungen zur Schaffung verlässlicher Entscheidungshilfen erforderlich sind.

 

Mithin sind bei einem erneuten Erlass einer Veränderungssperre drei Gesichtspunkte zu prüfen:

 

1.            Ungewöhnlichkeit der Planung

2.            Kausalität zwischen Ungewöhnlichkeit und zeitlicher Dauer

3.            etwaiges Fehlverhalten der Gemeinde

 

Da im selben Zeitraum unter vergleichbaren Umständen zwei andere Planungsverfahren durchgeführt und abgeschlossen wurden, muss sich die Stadt Beeskow die zeitliche Verzögerung selbst zurechnen lassen.

 

Dauert die Veränderungssperre länger als vier Jahre über den Zeitpunkt ihres Beginns oder der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 18 Abs. 1 hinaus, ist den Betroffenen für dadurch entstandene Vermögensnachteile eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Der Gesetzgeber hat hiermit geregelt, dass nach 4 Jahren ein Eingriff durch die Veränderungssperre grds. nicht mehr entschädigungslos ist.

 

Dies hat zur Folge, dass Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte im Plangebiet so zu stellen sind, als wäre die Veränderungssperre, einschließlich der etwaigen Vorfrist nach 4 Jahren abgelaufen. Eine solche Entschädigung könnte darin bestehen, dass die Grundstückseigentümer, die mit dem Windkraftbetreiber entsprechende Verträge zur Aufstellung von Windenergieanlagen geschlossen haben, die dafür vorgesehene Vergütung von der Stadt einfordern. Gleichfalls könnte der Windkraftbetreiber evtl. Ansprüche stellen, um seinen etwaigen Gewinnverlust auszugleichen. Voraussetzung hierzu wäre, dass ohne erneute Veränderungssperre die vorgesehenen Windenergieanlagen genehmigungsfähig gewesen wären.

 

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Gründe, komme ich als Bürgermeister zu der Auffassung, dass der erneute Erlass einer Veränderungssperre rechtswidrig ist und nach § 55 KVerf beanstandet werden müsste.

 


Anlagenverzeichnis:   


Beschlussvorschlag:

Die Stadtverordnetenversammlung der Kreisstadt Beeskow beschließt die Satzung über die Veränderungssperre für das Gebiet des Bebauungsplanes Nr. K 3 „Windpark Schneeberg“ zur Sicherung des eingeleiteten Bebauungsplanverfahrens Nr. K 3 „Windpark Schneeberg“ gemäß § 16 Baugesetzbuch.